2017 war bust out zum ersten Mail Teilnehmer des Inklusionsprojektes Nice2Talk. Wie dies ablief, erfahren Sie in folgendem Artikel. Seitdem fanden weitere Projekte in Spanien und England statt.

Gold für die Inklusion

Freiburg/ Münstertal/ Elztal. Am 3. November 2017 fuhren 15 Teilnehmer mit und ohne Behinderung mit dem Erasmus+ Programm der Europäischen Kommission zum Nice2Talk-Projekt nach England. Gemeinsam mit englischen und spanischen Teilnehmern durften sie eine Woche zum Thema Inklusion erleben.

Inklusion bedeutet die umfassende Solidarität mit Menschen, die einen Hilfebedarf haben, ohne sie aus den gesellschaftlichen Bereichen Schule, Wohnen und Freizeit auszuschließen. Um diesem Ziel europaweit näher zu kommen, fördert das Erasmus+ Programm der EU Austauschprogramme für Jugendliche.

Für eine Woche konnte so auch eine gemischte Gruppe von 15 Personen der Firma bust out gemeinsam mit Stefanie Diez vom IKKAIDO Landesfachverband Baden-Württemberg e.V. nach London fliegen. „Wir haben uns schon bei der Auswahl der Teilnehmer bemüht, inklusiv zu mischen. Unsere männlichen Jugendlichen im Alter von 15 bis 24 haben das Aspergersyndrom – eine leichte Form von Autismus. Dennoch war es für sie eine große Herausforderung, sich auf so viele verschiedene Dinge einlassen zu können. Aber auch für die vier weiblichen Jugendlichen, die alle 15 Jahre sind, war es keine Selbstverständlichkeit, eine Woche mit so vielen neuen Personen aus drei Nationen zu verbringen“, berichtet Anna Bäuerle-Lovric vom Integrationsdienst bust out. Sie koordinierte die Planung für den Austausch von deutscher Seite aus. „Bei den Betreuern haben wir darauf geachtet, dass nur die Hälfte von ihnen bisher schon viel Kontakt mit Menschen mit einer Behinderung hatte. Somit kannten sich vor der Reise jeweils nur maximal drei Teilnehmer untereinander.“ Ein spannender Start für eine Woche, in der Inklusion gelebt wurde.


Gemeinsam flog die Gruppe am Freitag, den 3. November nach London und durfte dort mit der spanischen Gruppe einen Tag voll englischer Kultur genießen. „London war toll!“, meint der große blonde Fabian und dabei blitzt es in seinen Augen. „Ich wäre gerne noch die ganze Woche dort geblieben!“ Ray Sweeny, Vorsitzender der IKKAIDO Federation, führte die Gruppe zu einem Empfang ins House of Parliament. Am folgenden Tag wurden das London Eye, der Big Ben, der Buckingham Palace, der Trafalgar Square, der Piccadilly Circus und noch vieles mehr besichtigt.

Am Abend des zweiten Tages ging es weiter nach Stoke Mandeville, der Geburtsstätte der Paralympics, um dort am IKKAIDO Festival an den Start zu gehen. IKKAIDO ist ein Verein zur integrativen Förderung der japanischen Kampfkunst für Menschen mit und ohne Behinderung. „Für den einen oder anderen war es eine große Herausforderung, vor vielen Zuschauern bestimmte Karateformationen aufzuführen. Es war toll zu sehen, mit wieviel Interesse und Spaß die jungen Leute gemeinsam die Prüfung vorbereiteten“, so Stefanie Diez, die die deutschen Teilnehmer trainierte, „Für die Durchführung bekamen wir ein ansehnliches Ergebnis von 8,2 Punkten.“ Michael (24), der erst mit 16 Jahren die Diagnose „Asperger Autismus“ bekam, ist ganz begeistert: „Ich fand das super. Karate ist ein toller Sport! Anfangs hatte ich Bedenken, ob ich nicht zu alt bin, um damit anzufangen, aber Stefanie hat mich überzeugt. Ich denke, ich werde damit weitermachen.“ Für alle Teilnehmer stand jedoch nicht das Gewinnen, sondern die Freude am inklusiven Austausch mit den unterschiedlichen Nationen und Menschen im Vordergrund.

Am folgenden Tag fuhren alle 53 Teilnehmer aus England, Deutschland und Spanien morgens gemeinsam nach Longleat Forest in den Center Parc. Dort erwartete die Gruppe die nächste Herausforderung. Alle waren in sieben Häuschen mit jeweils vier Schlafzimmern untergebracht. Jeder Teilnehmer wurde mit einem Mitglied spanischer oder englischer Herkunft in einem Zimmer untergebracht. Aber auch die verschiedenen Behinderungen wurden gemischt. „Ich war mit Ignazio, einem Spanier mit Downsyndrom im Zimmer. Er hat schon den grünen Gürtel in Karate. Erst dachte ich, dass sei ein Scherz. Aber der hat es echt drauf. Nur sein Schnarchen war am Anfang echt hart“, lacht Michael. So wurde das Motto Nice2Talk auch die nächsten drei Tage im alltäglichen Miteinander gefördert. Alle Häuser hatten ein kleines Budget für den täglichen Einkauf und mussten sich auf den gemeinsamen Speiseplan über Sprach-, Landes,- und Behinderungsgrenzen hinweg verständigen. Der sprachbegeisterte Nicolas war glücklich, zwei Fremdsprachen gleichzeitig zu hören. „Ich spreche ja schon französisch und englisch und ein bisschen italienisch verstehe ich auch. Jetzt noch Spanisch! Das war so cool.“


In täglichen formalen Lerneinheiten zum Thema „Inklusion und Gesellschaft“ oder „der sichere Umgang mit den modernen sozialen Medien für Menschen mit Behinderung“ waren alle Teilnehmer im regelmäßigen Austausch. Neben den inhaltlichen Einheiten fanden gemeinsame Aktionen wie Minigolfen, Badminton, Kanu fahren oder Klettern als nicht formale Lerneinheiten statt. Denn auch hier begleitete die Teilnehmer die Frage, wie Inklusion im Alltag aussehen kann. Denn sie mussten dazu Passanten befragen und ihnen das Nice2Talk Projekt erklären. „Die Reaktionen darauf waren immer positiv und sehr interessiert. Es war schön zu sehen, dass die Befragten überhaupt keine Berührungsängste hatten“, so Johanna Fürst, mit gerademal 20 Jahren die jüngste Betreuerin. Auch handwerklich wurden alle gefordert und gestalteten getöpferte Teller, die kreativ die oben genannten Themen widerspiegeln. Die Freizeit nutzten die Teilnehmer beispielsweise für den Besuch des Bowlingcenters, des Fitnessstudios oder des Schwimmbades.

Bei einem interkulturellen Abend wurden die unterschiedlichen Traditionen der Länder in Form von Speisen, traditioneller Kleidung, Gesänge, Tänze und vielem mehr vorgestellt und auch gelebt. Neben einem vollen Programm, vielen unterschiedlichen Städten und Unterkünften, Busfahrten und Aktivitäten durften die Gruppen gelebte Inklusion, Kommunikation und ein Aufeinander Zugehen erleben. Alle werden davon bereichernde Eindrücke mit nach Hause nehmen. „Als ich gefragt wurde, habe ich mich zunächst nur über die schulfreie Woche und London gefreut. Aber hier habe ich sehr viel gelernt. Ich weiß jetzt, was mit dem Begriff des „non formal learning“ gemeint ist. Und ich hätte nicht gedacht, dass ich so viel Spaß daran habe, Badminton mit Rollifahrern zu spielen,“ sind sich die Zehntklässler Carmen, Milena und der sonst so schüchterne Hobbyprogrammierer Jan einig. „Ich kann das hier nur allen anderen Aspergern empfehlen. Manchmal muss man sich überwinden und Mut haben, sich auf Andere einzulassen.“


„Inklusion ist für viele jugendliche Teilnehmer zur Selbstverständlichkeit in dieser Gruppe, aber auch zu einer Hoffnung für zukünftige Begegnungen geworden,“ stellt Herr Horstmanshoff, Geschäftsführer der bust out Integrationsdienste für Menschen mit Autismus glücklich fest. „Sie möchten eben nicht auf einer einsamen Insel sitzen oder sich durchs Leben tragen lassen, sondern in der Gesellschaft vollständig angenommen sein. Unser Dank gilt der Förderung durch das Erasmus+ Programm der europäischen Union, der Unterstützung des Vorsitzenden der internationalen IKKAIDO Federation Herr Sweeny und dem Vorsitzenden des IKKAIDO Landesfachverbandes Baden-Württemberg Herr König. Er hat uns in den Sommerferien dazu ermuntert, daran teilzunehmen. Nun freuen wir uns umso mehr als Gruppe demnächst nach Spanien zu reisen. Wir freuen uns darauf, wieder viele neue Leute kennenzulernen und für das Thema begeistern zu können. Lena und Kira widmen ihre Goldmedaillen mit einem Lachen dem ganzen Projekt. „Unserer Meinung nach verdient Nice2Talk die Goldmedaille für das (Er-) Leben von Inklusion.“


Alle Menschen haben unterschiedliche Potenziale. Der Bundesfachverband Ikkaido Deutschland e.V. will mit seinem Handeln dazu beitragen, dass menschliche Vielfalt und die Vielfalt des gesamten Budosports als Chance und Herausforderung verstanden wird. Daher ist es zentrale Bundesfachverbandsaufgabe, die Gestaltung einer inklusiven Gesellschaft mit voranzutreiben.

Kontakt
Fudokan Karate Akademie Deutschland
Präsident
Karl-Hans König
St.-Andreas-Str. 31
79189 Bad Krozingen
Telefon: +49 7633 939369
karlhans.koenig@fudokan-deutschland.de

Erasmus+ ist das Programm für Bildung, Jugend und Sport der Europäischen Union. In Erasmus+ werden die bisherigen EU-Programme für lebenslanges Lernen, Jugend und Sport sowie die europäischen Kooperationsprogramme im Hochschulbereich zusammengefasst.

Erasmus+ ist mit einem Budget in Höhe von rund 14,8 Mrd. Euro ausgestattet. Mehr als vier Millionen Menschen werden bis 2020 von den EU-Mitteln profitieren. Das auf sieben Jahre ausgelegte Programm soll Kompetenzen und Beschäftigungsfähigkeit verbessern und die Modernisierung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung und der Kinder- und Jugendhilfe voranbringen.

www.erasmusplus.de